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Grenzen überwinden: Zweistufiger Temperaturhub bei Hochtemperatur-Wärmepumpen

Ein zweistufiger Temperaturhub bei Hochtemperatur-Wärmepumpen überbrückt große Temperaturdifferenzen und sorgt so dafür, dass auch Niedertemperatur-Abwärme schon ab etwa 30-40 °C auf die hohen Prozesstemperaturen gebracht werden kann, die in der Lebensmittel-, Textil- oder Pharmaindustrie häufig benötigt werden. Wie das genau funktioniert, erläutern wir in diesem Beitrag.

Effiziente Wärme aus Umweltenergie

Funktionsprinzip von Wärmepumpen

Wärmepumpen gewinnen aus ihrer Umgebung Wärme mit niedrigen Temperaturen und erzeugen daraus mit Hilfe von Strom höhere Temperaturen – einfach ausgedrückt. Herkömmliche Wärmepumpen für den Einsatz in Einfamilienhäusern, Fernwärmenetzen oder der Industrie nutzen thermische Umweltenergie, elektrische Energie und Kältemittel, um die gewünschten Temperaturen zu erzielen.

Dazu entziehen sie der verwendeten Wärmequelle – also beispielsweise der Umgebungsluft – Wärmeenergie. Dies geschieht in einem geschlossenen Kreisprozess durch ständiges Ändern des Aggregatzustands des verwendeten Kältemittels (Verdampfen, Komprimieren, Verflüssigen, Expandieren, Verdampfen…). Die so erzeugte Wärme geben Wärmepumpen dann an eine Wärmesenke ab, beispielsweise an einen Warmwasserkreislauf. Der Prozess lässt sich in vier Schritte unterteilen:

  1. Wärmeaufnahme
    Kältemittel fließt in flüssiger Form durch den sogenannten Verdampfer. Dieser befindet sich an einem Ort, an dem Wärme aus der Umgebung (Luft, Wasser oder Erdreich) aufgenommen werden kann. Dabei nimmt das Kältemittel diese Wärme auf und verdampft.
  2. Kompression
    Das nun gasförmige Kältemittel wird im System weitergeleitet und durch einen Kompressor verdichtet. Dadurch steigt die Temperatur des Kältemittels deutlich.
  3. Wärmeabgabe
    Das heiße, gasförmige Kältemittel wird an einen Kondensator (Verflüssiger) weitergeleitet. Hier gibt das Kältemittel über einen Wärmetauscher seine Wärme an die Wärmesenke ab. Dadurch kühlt das Kältemittel ab und wird wieder flüssig.
  4. Expansion
    Das nun wieder flüssige Kältemittel fließt durch ein Expansionsventil, wodurch der Druck wieder reduziert wird. Durch diese Druckreduktion kühlt das Kältemittel weiter ab und kann wieder neue Wärme aufnehmen.

Dieses Funktionsprinzip gilt genauso bei Hochtemperatur-Wärmepumpen für den industriellen Einsatz. Dort setzt man allerdings häufig auch auf eine Temperaturanhebung in zwei Schritten – den sogenannten zweistufigen Temperaturhub.

Die Rolle von Wärmequelle und Wärmesenke

Bevor wir uns mit den Feinheiten der zweistufigen Temperaturanhebung in Hochtemperatur-Wärmepumpen befassen, sollte man zunächst die grundlegenden Komponenten von Wärmepumpensystemen kennen und verstehen: Die Wärmequelle und die Wärmesenke.

  • In einer Wärmepumpe liefert die Wärmequelle die thermische Energie für das System. Diese Wärmequellen können – etwa bei Wärmepumpen zur Gebäudebeheizung – die Umgebungsluft oder auch das Erdreich sein. Bei industriellen Anwendungen ist es meist die Rest- und Prozesswärme aus industriellen Prozessen, wie es bei unserem ThermBooster™ der Fall ist.
  • Die Wärmesenke ist der Punkt, an dem die erzeugte Wärme an ihr ‚Ziel‘ abgegeben wird. Die Effizienz und Effektivität eines Hochtemperatur-Wärmepumpensystems hängt stark von den Eigenschaften sowohl der Wärmequelle als auch der Wärmesenke ab.

Die Überwindung der Temperaturunterschiede zwischen Wärmequelle und Wärmesenke bezeichnet man als Temperaturhub. Dieser Temperaturhub ist in einstufigen Wärmepumpen konstruktionsbedingt nur innerhalb eines gewissen Rahmens möglich – für gewöhnlich kann hier eine Temperaturdifferenz von etwa 60 Grad Celsius überbrückt werden.

Wussten Sie schon:

Kelvin oder Grad Celsius

In Naturwissenschaft und Technik wird die Temperaturdifferenz (oder das Temperatur-Delta) üblicherweise in Kelvin (K) angegeben. Die Differenz zwischen zwei Temperaturwerten in Kelvin und Grad Celsius (°C) ist allerdings zahlenmäßig gleich groß. Eine Temperaturdifferenz von 60 Kelvin bedeutet also eine Temperaturdifferenz von 60 Grad Celsius.

Zweistufige Wärmepumpen überwinden die bisherigen Einschränkungen

Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass die Limitierungen einstufiger Wärmepumpen nicht überwunden werden können, ohne dass der sogenannte COP (Coefficient of Performance; Leistungszahl) ungünstig ausfällt. Gerade deshalb wird Niedertemperatur-Abwärme mit Temperaturen von 30 bis 40 Grad Celsius oft nicht weiter verwendet: Sie ließe sich in einstufigen Wärmepumpen nur auf etwa 90 bis 100 Grad Celsius erwärmen – zu wenig für die meisten industriellen Prozesse. Diese eigentlich kostbare Abwärme, die im Rahmen zahlreicher Fertigungs-, Verarbeitungs- und Veredelungsprozesse entsteht, wird stattdessen häufig verschwendet. Dabei kann man sie durchaus noch sinnvoll und effizient verwenden.

Dazu müssen Industriewärmepumpen allerdings einen größeren Temperaturhub ermöglichen, um Niedertemperatur-Restwärme auch aus sehr niedrigen Temperaturbereichen von etwa 30 bis 40 Grad Celsius auf Temperaturen von rund 160 bis 165 Grad Celsius zu bringen, wie sie für viele industrielle Prozesse erforderlich sind. Hier kommt der ThermBooster™ mit seinem zweistufigen Temperaturhub ins Spiel.

Wussten Sie schon:

Wirkungsgrad und COP

Es gibt einen Unterschied zwischen Wirkungsgrad und COP (Coefficient of Performance): Der Wirkungsgrad beschreibt das Verhältnis zwischen zugeführter Energie und geleisteter Arbeit. Wenn eine Anlage also 100 Einheiten Energie (z.B. Strom) aufnimmt und damit 70 Einheiten Arbeit leistet, liegt der Wirkungsgrad bei 0,7 bzw. 70 Prozent. Der COP beschreibt das Verhältnis zwischen eingesetzter Energie und abgegebener Wärme oder Kälte. Anders als beim Wirkungsgrad kann der COP einer Wärmepumpe größer als 1 bzw. 100 Prozent sein, da Wärmepumpen Umgebungswärme benutzen. So kann eine Hochtemperatur-Wärmepumpe beispielsweise einen COP von 2,5 und höher erreichen.

Der zweistufige Temperaturhub: So funktioniert er

In herkömmlichen Wärmepumpensystemen wird ein einziger Kompressionszyklus verwendet, um die Temperatur des Kältemittels von der Wärmequelle auf die gewünschte Ausgangstemperatur an der Wärmesenke anzuheben. Durch die konstruktiv begrenzte Leistung des  Kompressors im Zusammenspiel mit den Eigenschaften des verwendeten Kältemittels entsteht eine Grenze für den maximalen Temperaturhub, der erzielt werden kann.

Um diese Einschränkung zu überwinden, verwenden Hochtemperatur-Wärmepumpen oftmals einen zweistufigen, kaskadierten Wärmepumpenprozess, um einen höheren Temperaturhub möglich zu machen. Bei diesem Ansatz gibt es zwei Kältemittelkreisläufe und zwei Kompressoren. Die verwendeten Kältemittel in diesen beiden Kreisläufen unterscheiden sich voneinander und sind jeweils auf die in den Kreisläufen vorherrschenden Temperaturen und Drücke hin optimiert. In diesem System dient der Verflüssiger des ersten Kreislaufs gleichzeitig als Verdampfer des zweiten Kreislaufs. Auf diese Weise lassen sich Verdichter, Ventile und Kältemittel optimal auf die ganz unterschiedlichen Systemanforderungen anpassen. Das ist die Voraussetzung für einen sicheren, zuverlässigen und effizienten Betrieb.

Wussten Sie schon:

Optimale Kältemittel

Kältemittel unterscheiden sich im Hinblick auf ihre thermodynamischen Eigenschaften voneinander. Dadurch eignen sich bestimmte Kältemittel besonders gut für bestimmte Temperaturbereiche. Die Unterschiede liegen vor allem – aber nicht ausschließlich – in ihrer Verdampfungskurve, d.h. der Temperatur, bei der ein Kältemittel bei einem bestimmten Druck verdampft.

Durch die Aufteilung des Systems in zwei Kreisläufe, die aufeinander abgestimmt arbeiten, kann die Wärmepumpe höhere Ausgangstemperaturen und somit einen deutlich größeren Temperaturhub erreichen als mit nur einem Kältemittelkreislauf.

Die Vorteile des zweistufigen Temperaturhubs

Der Einsatz zweistufiger Temperaturhübe in Hochtemperatur-Wärmepumpen bietet entscheidende Vorteile:

  1. Erweiterter Temperaturbereich: Der zweistufige Temperaturhub ermöglicht das Erreichen höherer Ausgangstemperaturen, als es mit einstufiger Verdichtung möglich wäre. Dieser erweiterte Temperaturbereich erhöht die Vielseitigkeit der Wärmepumpe und eröffnet neue Einsatzbereiche: So kann auch Abwärme mit Temperaturen von nur 30 bis 40 Grad Celsius auf die erforderlichen Temperaturen von über 160 Grad Celsius erwärmt und sinnvoll genutzt werden.
  2. Verbesserte Leistung: Der optimierte Verdichtungsprozess in beiden Stufen sorgt für eine verbesserte Leistung und Zuverlässigkeit des gesamten Wärmepumpensystems. Dies führt zu einer verbesserten Prozesssteuerung, Produktivität und einer besseren allgemeinen Betriebseffizienz für industrielle Anwendungen.

 

Mögliche Einsatzgebiete zweistufiger Hochtemperatur-Wärmepumpen

Der zweistufige Temperaturhub bietet somit besonders in den Szenarien Vorteile, in denen der erforderliche Temperaturhub beziehungsweise die nötige Ausgangstemperatur die Möglichkeiten der einstufigen Verdichtung übersteigt. Typischerweise ist das der Fall, wenn der gewünschte Temperaturhub jenseits von 60 Grad Celsius liegt.

Anwendungsbeispiel aus der SPH-Praxis

Im Rahmen des von der EU finanzierten Projekts Push2Heat lieferte SPH zuletzt die Hochtemperatur-Wärmepumpe ThermBooster™ mit zweistufigem Temperaturhub an den Papierhersteller Felix Schoeller.

Das Unternehmen Felix Schoeller erzeugt Niederdruckdampf mit einem Druck von etwa 2 bar(a), der zur Trocknung des produzierten Papiers verwendet wird. Aus der Papiermaschine wird Wärme bei etwa 45 Grad Celsius zurückgewonnen, die üblicherweise verloren gehen würde. Diese Wärme wird zum Betrieb des ThermBoosters™ verwendet. Aufgrund des relativ hohen Temperaturhubs, der im nächsten Schritt erforderlich ist, arbeitet unsere Hochtemperatur-Wärmepumpe zweistufig.

Der ThermBooster™ ist in Containern untergebracht und wird bei Felix Schoeller jährlich erhebliche Mengen an CO2-Emissionen sowie unnötige Energiekosten einsparen.

DR. TIM HAMACHER & ANDREAS MÜCK

Der zweistufige Temperaturhub in Hochtemperatur-Wärmepumpen eröffnet neue Einsatzbereiche

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der zweistufige Temperaturhub eine wichtige Lösung für Hochtemperatur-Wärmepumpen darstellt, die es ihnen ermöglicht, einen deutlich größeren Temperaturhub sowie höhere Ausgangstemperaturen zu erzielen.

Durch die Aufteilung des Temperaturhubs in zwei Stufen können innovative Wärmepumpensysteme wie der ThermBooster™ die anspruchsvollen thermischen Anforderungen verschiedener industrieller Prozesse effektiv und umweltschonend erfüllen – und zwar auch dann, wenn die verwendete Abwärme lediglich Temperaturen von 30 bis 40 Grad Celsius aufweist.

Übrigens:

Wenn Sie mehr über den Einsatz von Hochtemperatur-Wärmepumpen zur Bereitstellung von Prozessdampf erfahren möchten, unterstützen wir Sie gern – wir haben dem Thema einen eigenen Beitrag gewidmet:

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Geschäftsführer, Dr. Tim Hamacher
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Geschäftsführer, Andreas Mück
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Andreas Mück

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